Waldemar George

Les Intérieurs animés de Joseph Floch

"Riesige und kahle Räume, in ein Helldunkel getaucht, das zur Meditation einlädt. Ein durchsichtiger Vorhang, eine zarte, schwebende Draperie, ein heller und leichter Schleier filtern das Licht, das durch Fensteröffnungen, die nach den Gärten gehen, eindringt. Einge sehr einfache Möbel, lange Tische, Bänke, niedrige Sitze. Nichts an den Wänden. Nichts, was den Blick des Betrachters ablenkt von diesen strengen Architekturvisionen, belebt von einigen Personen mit langsamen Gesten und ver-schlossenen Gesichtern. Was tun diese Statisten? Wer sind sie? Worin liegt ihre Existenzberechtigung innerhalb dieser Dekorationen in metaphysischen Stil, in diesen Räumen, die ein 'No man's land' bilden? Proben sie, spielen sie Komödie, erfüllen sie eine bestimmte Aufgabe, posieren sie nur, tauschen sie Gedanken aus? Der Rhythmus und die Atmosphäre, die sie um sich verbreiten, sind jene der Konver-sation. Ihr Zeitmaß ist ein moralisches. Nichts scheint sie von der Gesprächshandlung abzulenken, in der sie begriffen sind.

Verhaltene Gesten, verharrende Handlungen. Diese Festigkeit, diese Unbeweglichkeit von Reliefs oder lebenden Bildern erinnert auch an das 'Rezept' von Marées. In sich selbst versunken, bilden die Personen bei Floch eine ideale Welt. Dieser abgeschlossene Bereich besitzt faszinierenden Charme. Man atmet darin frische und reine Luft. Man befaßt sich nur mit Höherem. Die darin lebenden Wesen kennen die Entzückungen der Freundschaft. Diese Wesen deken und planen. Die Formen, in denen sie verwirklicht sind, entsprechen allen ihren Bedürfnissen. Architektur und Natur wirken zusammen, um den sinn ihrer noblen Geste zu unterstreichen. Floch ist ein 'Durch-Schauer'. Seine auf dem Kontrast von Vertikalen und Horizontalen beruhenden Kompositionen sind von klassischem Aufbau. Aber Ihr Klassizismus ist nicht das Kennzeichen eines Stils. Er entspricht einer Poesie und einer Art zu leben.

Ist diese Kunst ein ausweichen oder ein Streben? Verläßt der Maler die Welt, um sich in einen elfenbeinernen turm einzuschließen? Sucht er ein verlorenens Paradies? Kehrt er zum goldenen Zeitalter zurück? Er tut Besseres. Sein Werk erscheint uns als ein Ruf zur Ordnung, als eine Lektion über Dinge, als ein Lebensprogramm, als eine aktive und vorwärtstreibende Ästhetik, als eine einem Ethos verpflichtete Ästhetik.

Ebensowenig wie eine Wiederaufnahme, das heißt eine Wendung zurück, ist diese Schaffen nur eine Fiktion, eine Utopie oder sterile Träumerei.Floch ist kein Traumfabrikant, der auf Sand baut. Die Zeit gehört nicht mehr dunklen Träumen. Der Maler schlägt eine Regel und eine Verhaltensweise vor. Die Wahl seiner Themen und die Art, sie zu interpretieren, seine Handschrift, seine Atmosphäre, seine Farbe, alles trägt dazu bei, aus seiner Malerie mehr zu machenals eine Kammermusik, mehr als eine Spekulation, mehr als eine müßige Konstruktion. Floch drückt die Seele der Dinge. Ee bringt die Wesen zum Sprechen. Er beseelt die Phantome. Ein persönliches Denken bewohnt seine gespenstischen Bühnen. Diese Denken ist eine echte Präsenz. Man fühlt, man erkennt sie überall..."

Waldemar George, "Les Intérieurs animés de Joseph Floch" in Formes, Paris 1936 zitiert nach Joseph Floch, Ausstellungskatalog der Österreichischen Galerie im oberen Belvedere, Wien 1972
 

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